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Dez 04

RP-Nachlese, die 1. – Teil 1

Marshal hinter Schirm

Manchmal bin ich selber verwundert, wieviele unterschiedliche Aspekte eine Rollenspielsitzung so hat… Und auf wievielen unterschiedlichen Ebenen man sie betrachten und bewerten kann.

Schliesslich müsste man, um ihr gerecht zu werden, wohl jede Phase einer Sitzung separat untersuchen.

Will heissen: die Frage „Wie war die Sitzung denn so?“ ist nur scheinbar simpel…

Dies ist (neben dem Versuch einer allgemeinen Gliederung) der Erlebnisbericht einer Rollenspiel Sitzung, in diesem Falle unserer letzten „Real“-Sitzung des Jahres 2011.

Aspekte, Ebenen, Phasen… Versuchen wir’s anhand der Phasen. Als klassische Phasen einer Rollenspielsitzung haben sich (bei uns) etabliert:

  1. Die Wiedersehensfreude
  2. Das Reinkommen
  3. Die schlechten und die guten Ideen
  4. Die Durststrecke
  5. Der Weckruf
  6. Die Essenspause
  7. Weitere Störungen
  8. Der Showdown
  9. Das Nachgeplänkel

Je nach Länge einer Sitzung sind natürlich die Phasen 4 – 5 mehrfach einzufügen, ab und an auch nach Phase 6-7…

Im Einzelnen:

1. Die Wiedersehensfreude

Diese Phase scheint in letzter Zeit länger und länger zu werden. Und das ist auch gut so, schliesslich kann ich mir Rollenspiel nicht mit Fremden oder als Zweckgemeinschaft vorstellen. Eine Rollenspielgruppe ist auch ein Freundeskreis, eh basta (IMHO). Natürlich strahlt die Wiedersehensfreude auch auf die anderen Phasen aus, was GUT ist. Und: das ist (IMHO) fast immer klar von Durststrecken zu unterscheiden, aber dazu später mehr.

Wie ich unsere Wiedersehensfreude äussert und darstellt, müsste (ja, dürfte) ich ja niemandem mitteilen, wenn dies kein Blog sondern eine akademische Betrachtung des Themas Rollenspiel wäre. Dem ist nicht so, dies ist ein (eo ipso selbstdarstellerischer) Blog, also folgt hier mein subjektiver und nicht ohne Sentimentalitäten auskommender Exkurs:

Wir sind in den letzten Jahren in die Welt zerstreut worden, spielen die meiste Zeit per Online Sitzungen (dazu an anderer Stelle) und nur noch 2-4 mal pro Jahr treffen wir real zusammen. Dem geneigten RPler, der eine zweiwöchentliche Gruppe hat, mag dies undenkbar vorkommen – auch mir ging das mal so – aber die Realität macht Kompromisse nunmal unabdingbar. Und in der Tat wurden Deutschlandreisen unkomplizierter, seit sie noch seltener geworden sind, und seitdem sich dennoch die Frequenz des RPs (eben dank Online-Sitzungen) erhöht hat. UND dann hat sich die Wiedersehensfreude noch gesteigert, das würde ein BWLer wohl eine Win-Win-Win-Situation nennen 😉

Wiedersehensfreude ist also verständlich und berechtigt. Und sie wird teils ausgiebig zelebriert. Als erste Phase der Sitzung, wenn alle nach und nach eintreffen, noch der Kaffeetisch in Beschlag genommen wird, und man einander wieder mal mit allerlei Neuigkeiten und Belanglosigkeiten „auf die Ohren gehen“ kann. Aber auch später, wenn sich die aktuelle Diskussion auf einmal nicht mehr um den nächsten Gegner dreht sondern um in letzter Zeit gesehene Filme oder neue Apps auf dem Funkstein. Und solange wir einander nicht durch die Blume mitteilen können: Hey, cool Euch mal wieder zu sehen, fehlt deutlich was – kurzum: Ich will diese Phase und diese Einschübe nicht missen.

2. Das Reinkommen

Hier werden üblicherweise verschiedene Dinge behandelt, bei uns eine wirre Mischung aus

  • Regelfragen, die einem seit dem letzten Mal in den Sinn gekommen sind,
  • Dingen, die der eigene Char noch zwischen den Sitzungen erledigt haben will,
  • Dingen, die der Char noch kaufen wollte und
  • mehr oder weniger ratlosen Versuchen, zu rekapitulieren, wo wir dran waren, seitens der Spieler…
  • (…bis der Meister dann ein Machtwort spricht und dies in seine vorbereitete Einleitung münden lässt ;-))

Und wenn wir schon beim Eigenlob des Meisters sind, hier die dazu passende Selbstkritik: Diese Phase hilft also allen, vor allem den Spielern, nämlich, langsam wieder in die Materie einzusteigen und aus dem „theoretisch unendlichen“ Optionendschungel ein paar erste Hinweise abzuleiten, worauf der Meister vorbereitet ist und worauf nicht. Und ein guter Meister nutzt es vor allem als Schlusspunkt des eher losen Gesprächs und zur Einleitung des Rollenspiels, wo durchaus um Konzentration auf die Materie gebeten wird.

3. Die schlechten und die guten Ideen

Rollenspiel lebt von den Spielern, nicht vom Meister, diese Binsenweisheit (s. Tsu) teile ich selbstverständlich auch. Drum bin ich darauf angewiesen, dass Ideen reinkommen, welche sich dann an der harten „Realität“ im Rollenspiel beweisen wollen. Und neben brillanten Ideen gibt es natürlich auch weniger gute. Wie mit denen umzugehen ist, ist immer abhängig von Laune und Zufall.

Man kann z.B. einen Spieler, der partout übersieht, dass die Gegner bestimmt auch keine Vollpfosten sind, ins Verderben rennen lassen. Oder man kann ihm sanft oder gar mit dem Zaunpfahl klarmachen, welche Konsequenzen dieser Weg hätte. Aber oft sind die Zusammenhänge komplizierter – der Spieler hat sich seine Einschätzung der Situation aus vielen Faktoren zusammengebastelt, seiner Erfahrung, der Eigensicht des Charakters, aber immer auch zu einem guten Teil aus dem, was der Meister ihm durch Schilderung oder durch Weglassen so als die einzuberechnenden Faktoren dargestellt hat. Das im Hinterkopf zu haben ist für einen Meister sicher sinnvoll, es soll aber auch nicht zur Rundum-Versicherung für den Spieler werden.

So war ich in der letzten Sitzung mit einer Gruppe konfrontiert, die es für eine gute Idee hielt, sich an ein Indianerlager anzuschleichen. Von diesem war eben nicht bekannt, ob es seit der letzten Begegnung eher feindlicher oder freundlicher gesonnen war.  Mir war klar, dass es nun freundlich gesonnen war, dass aber ein nächtliches Anschleichen den Spielern nur verständliche Minuspunkte einbringen konnte. Schlimmer wurde es, als wohl aus einem Missverständnis unter den Spielern heraus (ein Charakter wird oft vorgeschickt, weil sie so gut schleichen kann, meist vergisst die Gruppe aber, sowohl diesem Charakter als auch der Spielerin klarzumachen, wozu sie das machen soll und wie die Einschätzung der Gesamtlage aussieht) tatsächlich Blut floss, sprich, der anschleichende Charakter sich nicht nur verteidigte, sondern Wachen des Lagers angriff…

Nachdem dies überstanden war, sprich, die Indianer sich trotz sogar eines Toten (!) in ihren Reihen zur Sanftmut hatten überreden lassen (erstes Meisterversäumnis dieses Tages – den Helden gehörig den Allerwertesten aufzureissen..), folgte der Lohn für eine lange Queste, welche die Gruppe erfolgreich absolviert hatte. Und genau hier gab es den Knackpunkt, der mich in der Nachbetrachtung am meisten mit dieser Sitzung hadern lässt (und sie mich zugleich in den höchsten Tönen loben lässt). Doch dazu später mehr, denn dieser Knackpunkt passt nun so garnicht in das Phasenkonzept.

Verlassen wir also kurz die aktuelle Sitzung (und dann auch diesen so langatmigen, konfusen Beitrag) fürs Erste und wenden uns ganz allgemein den guten Ideen zu. Diese sind für jeden Meister auf jeden Fall das Salz in der Suppe, genau diese machen den Spass am Spiel aus. Ist ja auch kein Wunder, denn was gibt es für den sich allmächtig haltenden Allwissenden schon für Überraschungen – richtig, die Kreativität seiner Spieler, die Lücken aufspüren, die man nie gesehen hatte, Taktiken entwickeln, die man nicht vorausgeahnt hat oder auch einfach durch unverschämtes Selbstbewusstsein jeden geplanten Ablauf über den Haufen werden. Manchmal ertappt man sich gar dabei, dass man es einem Spieler, der einen mit seinem Enthusiasmus für die eigene Idee/Planung so angesteckt hat, viel zu leicht macht, diese umzusetzen, ja, dass quasi die gute Idee zur selbsterfüllenden Prophezeihung wird.

—to be continued—

1 Kommentar

  1. Dina

    ad 2.) Regelfagen, die man seit dem letzten Mal vergessen hat und
    Regelfragen, die sich daraus ergeben, dass der Meister höchstmeisterlich ein neues System zum, äh… ins Spiel gebracht hat.

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